01. Vorindustrielle Zeit

1. Ansicht von Bockenheim um 1896,
Gemälde von Robert Forell um 1910
2. Forells Garten in der Leipziger Strasse
gegenüber der Landgrafenstrasse ca. 1905
3. Hofgut Schönhof 1830
Institut für Stadtgeschichte
4. Bockenheimer Warte ca. 1800,
Aquarell von Anton Radl
Institut für Stadtgeschichte

Vor dem 19. Jahrhundert beziehen einige Dutzende Bockenheimer Familien ihren Lebensunterhalt aus mehreren Quellen:

- aus dem Abbau von Basalt, geronnenen Lavaströmen aus dem Vogelsberg, die an Main und Nidda zum Halt kommen;

- aus der Gutswirtschaft, die geistlichen Institutionen aus Frankfurt untersteht; zu diesen Trägern gehören die Domherren und das Weißfrauenkloster;

- aus der gemischten bäuerlichen Wirtschaft; in der lange Zeit, bis Ende des 17. Jahrhunderts, der Weinanbau betrieben wird; danach werden vermehrt Apfelbäume angepflanzt, um Apfelwein herzustellen. Die überschüssigen Früchte von Feld und Garten, aber auch eine so unspektakuläre Handelsware wie das Heu (Tierfutter) lassen regelmäßige Beziehungen zu Frankfurt entstehen.

Ein Gradmesser der guten Beziehungen zur benachbarten Reichsstadt ist das Recht der Bockenheimer im Notfall, hinter den Frankfurter Stadtmauern Schutz zu finden. Auch auf anderen Wegen pendelt sich ein beachtlicher Verkehr von Personen zwischen Bockenheim und Frankfurt ein. Vom 16. Jahrhundert bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts ist Bockenheim Zufluchtsort für Glaubensflüchtlinge des reformierten Bekenntnisses. Da die aus Westeuropa stammenden Flüchtlinge in Frankfurt keine gern gesehenen Gäste sind und allerlei Diskriminierungen zu erdulden haben, ziehen sie es vor, wenigstens an Sonntagen ihre Glaubensbrüdern in Bockenheim aufzusuchen oder ihren Wohnsitz im entfernteren Hanau aufzuschlagen, wo sie unter der Herrschaft des Landgrafen willkommen sind. Da die Glaubensflüchtlinge neue Fertigkeiten und Kenntnisse mitbringen, sind sie ein anregender Faktor im Aufbau der Gemeinde. Mit dem 18. Jahrhundert wird Bockenheim sowohl als Ziel für Sonntagsausflüge wie als Ort der Sommerfrische für Frankfurter Bürger beliebt.

Bockenheim hat im späten Mittelalter wie in der Neuzeit die Oberhoheit verschiedener Herren erfahren. Nachdem es lange der Zentgraftschaft Bornheimer Berg, einem Gerichtsbezirk, angehört hat, fällt es gegen Ende des 15. Jahrhunderts an die Grafen von Hanau und gelangt schließlich 1736 an die Landgrafen von Hessen-Kassel, die sein Schicksal bis an die Schwelle der Industrialisierung bestimmen.


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